Bemerkungen zur »Pflicht-Ethik« Kants
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Einstimmung
Schon einigermaßen verwundert reibt man sich die Augen und fragt sich: Wie kann es sein, dass die ethischen Vorstellungen Kants – die gemeinhin mit der Bezeichnung »PFLICHT-Ethik« belegt werden – sich immer wieder (größeren oder kleineren) Missverständnissen oder Fehleinschätzungen ausgesetzt sehen und dass Aussagen und Inhalte jener Vorstellungen nicht selten in abwertend konnotierender Art und Weise (die bisweilen tendenziell geradezu in die Nähe einer Diffamierung gerät) als überholt (nur auf welcher Spur?) und völlig unzeitgemäß (nur für welche Zeit?) kommentiert worden sind und werden?[1]
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1.1 |
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Ist es vielleicht das verpönte, unattraktive Wort PFLICHT, das dem Philosophen das wenig schmeichelhafte Etikett des rigiden, geradezu rigorosen PFLICHT-Ethikers eingebracht und das seine Interpreten und Kommentatoren dazu veranlasst hat, ihn ganz oben in der Schreckensgalerie deontologischer (also einer auf Pflicht und Pflichterfüllung gebürsteten) Ethik[2] aufzuhängen?
(Oder ist es eventuell die – wie es zuweilen heißt: aus gliederungstechnischen Gründen – oftmals anzutreffende und ebenfalls nicht gerade sympathisch anmutende Bezeichnung »FORMAL-Ethik«, die den an ethischen Fragestellungen Interessierten eher etwas Staubtrockenes, nur dem Formalen nach Gültiges, ansonsten aber praktisch Unbrauchbares und Leeres assoziieren lässt?)
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1.2 |
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Auf der einen Seite stelle die sogenannte PflichtEthik Kants zwar den unbestrittenen »Höhepunkt« (in der philosophiegeschichtlichen Tradition und Entwicklung), den konsequentesten Versuch der deontologischen Ethik dar, aber auf der anderen Seite habe deren Argumentationsweise »besonders im 20. Jh. an Bedeutung verloren«, ja es scheine sogar, »daß die ›Pflicht‹ als traditioneller ethischer Grundbegriff zunehmend im Schwinden«[3] begriffen sei.
Denn wer es in der heutigen Zeit noch wagt, das Wort ›Pflicht‹ in den Mund zu nehmen (und dazu noch in entsprechender Weise zu argumentieren versucht), setzt sich unweigerlich dem Risiko aus, als altmodisch, spießig, total ›out of time‹ zu gelten, als ein nicht individualistisch, nicht freiheitlich (geradezu undemokratisch) Denkender, als jemand von vorvorgestern angesehen zu werden. Versteht man doch unter Pflicht eine Sollensforderung mit dem unverhohlenen Anspruch, in bestimmten Situationszusammenhängen sich nach festgelegten, als verbindlich (eben verpflichtend) geltenden Regeln zu verhalten bzw. zu handeln.
Und mal ehrlich: Wer will sich schon freiwillig einer Pflicht unterwerfen? wer sich von einer (wie immer gearteten) Pflicht Vorschriften machen lassen? wer seine Handlungen, seine Verhaltensweisen durch die Verbindlichkeit, durch das unerbittliche Diktat einer vorgegebenen Pflicht bestimmen und dadurch einschränken lassen – und all das in einer aufgeklärt sich gebenden, freiheitlich-egozentrisch orientierten Gesellschaft wie der unseren?
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2. |
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Grundlegung
Um zu einer – wie ich meine – angemesseneren Auseinandersetzung, mithin kritischen und gleichsam verständigeren Einschätzung und Beurteilung der »PFLICHT-Ethik« Kants zu gelangen, ist es jedoch unabdingbar, sich zunächst die alles bestimmende und letztlich auf ihr fußende Absicht stets vor Augen zu halten, mit der Kant sein gesamtes (und nicht gerade wenig ambitioniertes) kritisch-transzendentalphilosophisches[4] Unternehmen betrieben hat.
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2.1 |
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Kant ist es (und dies nach eigenem Bekunden) zum einen in seiner Kritik der reinen (theoretischen) Vernunft (mit den beiden Hauptteilen: Transzendentale Elementarlehre und Transzendentale Methodenlehre) zunächst darum zu tun, Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Erkenntnis- sowie Urteilsfähigkeit und deren grundlegende Prinzipien systematisch auszuloten und entsprechend herauszustellen.
Zum anderen versucht Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft (mit den zwei Büchern: Die Analytik der reinen praktischen Vernunft und Dialektik der reinen praktischen Vernunft) in einem zweiten Schritt, Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Verhaltens und Handelns zu ergründen und in ihrer gesellschaftlich-vernünftigen Wertig- und Gesetzmäßigkeit zu definieren.
Und schließlich unternimmt Kant in der Kritik der Urteilskraft (mit den zwei Teilen Kritik der ästhetischen Urteilskraft und Kritik der teleologischen Urteilskraft) den Versuch, Möglichkeiten und Grenzen menschlicher, reflektierender Urteilsfindung und -begründung im Hinblick auf Wahrnehmung, Beurteilung und Zweckmäßigkeit von (besonderen) Gegenständen aufzudecken.
Alle drei »Kritiken« zusammengesehen stellen somit Kants systematisch-methodisches Bestreben dar, die grundlegenden Stellungnahmen reflektierender menschlicher Vernunft zu den Gegenständen des theoretischen Erkennens, zu den Gegenständen des praktischen sittlichen Handelns und zu den Gegenständen des zweckmäßigen Beurteilens aufzudecken und deren jeweilige (Grund-)Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen formal-abstrakt und formal-analytisch auf dem Weg der (Selbst-)Überprüfung festzustellen.
Oder anders (etwas kantiger!) ausgedrückt: Kant geht es in seinen drei »Kritiken« darum, die Gesamtheit aller Vermögen des menschlichen Gemüts ohne Ausnahme zu erfassen und auf ihre möglichen Prinzipien a priori[5] hin zu analysieren. In allen drei »Kritiken« sucht Kant nach Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit, nach Gesetzmäßigkeiten menschlicher Erkenntnisfähigkeit überhaupt. Kants Unternehmen steht unter der die gesamte transzendentale Kritik beherrschenden Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Erkenntnis-, Handlungs- und Beurteilungsfähigkeit.
Das bedeutet aber für Kant notwendig die Wendung[6] in das (jeweils erkennende, handelnde und beurteilende) Subjekt als der alleinige Träger aller Erkenntnisvermögen, dessen Bewusstsein die Objektwelt (d. h. die Welt der Erscheinungen im umfassendsten Sinn) aufgrund analytisch wie synthetisch ermittelter apriorischer Prinzipien (und denen entsprechender, mithin dialektischer Urteile) allererst zu Bestandteilen der Welt dieses subjektiven Bewusstseins macht.
Zu diesem Zweck unterzieht Kant die Komplexität der Erkenntnisvermögen, d. h. ihre Gesamtstruktur einer methodisch-systematischen Aufgliederung in Einzelstrukturen bzw. Einzelvermögen, die in den drei kritischen Werken ihren jeweiligen Niederschlag findet: erstens das Erkennen als theoretische Erkenntnis, zweitens das Wollen und Handeln als praktische Erkenntnis und drittens das Beurteilen seitens der reflektierenden Urteilskraft.
Zweierlei darf in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht unerwähnt bleiben:
erstens die Tatsache, daß es Kant in den »Kritiken« nicht so sehr auf Darstellung einer eigenen metaphysischen[7] Doktrin[8] ankommt, sondern nur darauf, das Musterschema eines reinen Erkennens überhaupt, einer strengen Sittlichkeit überhaupt und einer konsequenten ›Beurteilung‹ nach Zweckmäßigkeitsaspekten überhaupt auszubilden;
zweitens, daß Kants Kampfstellung in den ›Kritiken‹ nur gegen die Unzuverlässigkeit und Unsauberkeit der Methoden der alten spekulativen Metaphysik gerichtet ist und nicht gegen ihr Ziel, nämlich die Aufklärung über die ›unvermeidlichen‹ Aufgaben der Vernunft, und dabei Warnungstafeln überall da aufzustellen, wo die Gefahr besteht, in die Denkfehler und Trugschlüsse der alten spekulativen Metaphysik zu verfallen.[9]
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2.2 |
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Das ist der Rahmen, den jede, und ich wiederhole: jede Auseinandersetzung – sowohl mit dem »kategorischen Imperativ« als auch mit der »Pflicht« (ob man will oder nicht!) – zu jeder Zeit wird im Blick haben müssen; das ist der Hintergrund, den jedwede Beurteilung – sowohl des »kategorischen Imperativs« als auch der »Pflicht« (wie immer sie im Einzelfall ausfallen mag!) – unter allen Umständen wird berücksichtigen müssen!
Erst wenn als gegeben akzeptiert ist, dass Rahmen und Hintergrund sowohl Ausgangs- als auch Bezugspunkt gleichermaßen bilden; erst wenn darüber hinaus die Bereitschaft gewährleistet ist, sich (soweit wie eben möglich ›objektiv‹, d. h. von den eigenen Vorstellungen soweit wie möglich losgelöst auf das Objekt, den Gegenstand selbst bezogen,) auf die Aussagezusammenhänge sowie Argumentationslinien Kants einzulassen und zunächst gedanklich-inhaltlich nachzuvollziehen, erst dann wird (meiner Einschätzung nach) in einem zweiten Schritt eine farbbereinigte, grundierte Kritik (in die eine oder andere Richtung: als eine Erweiterung oder als eine Erneuerung oder gar Ablehnung) der PflichtEthik Kants begründet und begründbar stattfinden können. Dass ein derartig eintauchendes Lesen (und ebensolches Zuhören) der sich komplex darstellenden Gedankenwelt Kants mühselig ist und großer Anstrengung bedarf, steht dabei außer Frage.
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2.3 |
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Die eigentlichen Darlegungen zur Ethik (wenngleich in den Schlusskapiteln der Kritik der reinen Vernunft bereits angedeutet) bzw. die Beantwortung der Frage »Was soll ich tun?«[10] gibt Kant in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, die – seinen eigenen Worten zufolge – »nichts mehr [und man möchte hinzufügen: aber auch nichts weniger!], als die Aufsuchung und Festsetzung des obersten Prinzips der Moralität [sei], welche allein ein, in seiner Absicht, ganzes und von aller anderen sittlichen Untersuchung abzusonderndes Geschäft ausmacht«[11], und entwickelt hier seinen berühmt gewordenen kategorischen Imperativ als jenes oberstes Prinzip der Ethik. Sowohl in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten als auch in der Kritik der praktischen Vernunft untersucht Kant die Bedingungen der Möglichkeit von Aussagen des Sollens sowie Forderungen des Handelns[12].
Aber weder die Religion noch der gesunde Menschenverstand[13] noch die empirische Praxis können – nach Ansicht Kants – auf jene, die Grundlage ethischen Verhaltens betreffende Frage eine zufriedenstellende Antwort geben, sondern allein die reine praktische Vernunft. Galt für die theoretische Vernunft in der Kritik der reinen Vernunft die Freiheit noch als unbeweisbar bzw. als eine Antinomie der reinen Vernunft[14], so wird nunmehr (u. z. auf jenem theoretischen Fundament) die »Idee der Freiheit« als notwenige Voraussetzung der praktischen Vernunft gesetzt.[15]
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... wird fortgeführt! |
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[1] |
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selbst von denjenigen, die sich mit der Philosophie Kants sowie dessen Ethik beschäftigt und intensiv auseinandergesetzt haben (bzw. haben wollen);
vgl. u. a. dazu die Randbemerkungen von Sänger zu »Mißinterpretationen« und »Mißverständnis« bei Herbert James Paton in Bezug auf Kants »Absehen« von empirischen Bestimmungsgründen für moralisch gutes Handeln sowie auf den »Formalismus« des »kategorischen Imperativs« in: Monika Sänger, Praktische Philosophie – Ethik. Grundpositionen der normativen Ethik / Stuttgart / Ernst Klett Vlg. / (1993) 6. Aufl. 2000 / S. 141f und S. 147 (übrigens eine insgesamt sehr zu empfehlende Darstellung ethischer Grundpositionen!)
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[2] |
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genau genommen zeigt sich die deontologische Ethik in zwei Varianten: zum einen die handlungsdeontologische Ansicht, nach der »in jeder Situation neu entschieden werden müsse, was richtig oder pflichtgemäß ist, ohne sich auf eine allgemeine Regel [...] berufen zu können«, wodurch alle Entscheidungen bzw. »Verpflichtungsurteile« letztlich »Einzelurteile von der Form ›In dieser Situation sollte ich so und so handeln‹« darstellen (so z. B. der Knabe in Bertolt Brechts »Der Jasager und Der Neinsager«, der, vor eine existenzielle Entscheidung gestellt, sagt: »Und was den alten großen Brauch betrifft, so sehe ich keine Vernunft an ihm. Ich brauche vielmehr einen neuen großen Brauch [...], nämlich den Brauch, in jeder neuen Lage neu nachzudenken.«); zum anderen die regeldeontologische Position, nach der es »allgemeine Regeln von grundlegender Natur gibt, die nicht durch die Verallgemeinerung von Einzelfällen gewonnen werden können und unabhängig davon gültig sind, ob sie zu guten oder schlechten Konsequenzen führen.« in: Monika Sänger, a. a. O./ S. 129f
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[3] |
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Monika Sänger, a. a. O. / S. 129
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[4] |
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da eine kurze, prägnante Zusammenfassung der Bedeutung von »transzendental« kaum möglich ist, ohne der Gefahr einer Verfälschung zu erliegen, sei auf die verständliche (und zugleich exzellente) Begriffsbeschreibung im (auch für Erwachsene sehr wohl zu verwendenden!) SCHÜLERDUDEN – Die Philosophie. Ein Sachlexikon der Philosophie, S. 426f verwiesen;
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Gleiches gilt auch für diesen erkenntnistheoretischen Begriff (wie auch für sein Pendant, den Begriff a posteriori)
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allgemein auch bekannt unter der Bezeichnung »kopernikanische Wende« (vgl. dazu die Äußerungen Kants in der Vorrede zur 2. Auflage seiner Kritik der reinen Vernunft in: Kant, Werke in zwölf Bänden / Hrsg. v. W. Weischedel / Theorie-Werkausgabe Suhrkamp 1968 / Bd. III / S. 25); Kant verwendet die Bezeichnung im Anschluss an die Wendung des Kopernikus (1473 – 1543) – nämlich der Wendung vom geozentrischen (auf die Erde als Mittelpunkt des Universums bezogenen) zum heliozentrischen (auf die Sonne als Mittelpunkt des Universums bezogenen) Weltbild – und meint damit eine grundlegende Neu- bzw. Umorientierung des Denkens und Forschens
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[7] |
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siehe Anmerkung 5
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[8] |
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eine wissenschaftliche Lehre (bzw. ein wissenschaftliches System) von Ansichten und Aussagen mit dem Anspruch der Allgemeingültigkeit
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[9] |
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Immanuel Kant – Die drei Kritiken in ihrem Zusammenhang mit dem Gesamtwerk. Mit verbindendem Text zusammengestellt von Raymund Schmidt / Stuttgart 1969 / S. 316, 359
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[10] |
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vgl. dazu Kants Äußerungen in: Kant, Werke / Bd. VI / S. 447f (enthalten auf der Seite zum Schaubild »ETHIK im System philosophischer Disziplinen - entsprechend den 4 Fragen Kants«)
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[11] |
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Kant, Werke / Bd. VII / S. 16
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[12] |
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durch Kants dritte Schrift zur Ethik, Die Metaphysik der Sitten (gegliedert in die beiden Hauptteile Rechtslehre und Tugendlehre), erfahren die vorherigen beiden Schriften (die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten und die Kritik der praktischen Vernunft) sozusagen lediglich die vervollständigende und abschließende Ausformulierung seiner Ethik
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[13] |
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bezeichnet ganz allgemein den einfachen, erfahrungsbezogenen Verstand des Menschen (bzw. dessen Urteilsvermögen);
nach Kant ist der gesunde Menschenverstand bzw. der »gesunde Verstand« der »gemeine Verstand, so fern er richtig urteilt«, wenn es allerdings um Begriffe und Grundsätze geht, die außerhalb der Bedingungen der Erfahrung als »geltend ausgegeben werden sollen«, ist die »Berufung auf den gesunden Menschenverstand« nicht angebracht, denn »der gemeine Verstand« sei »das Vermögen der Erkenntnis und des Gebrauchs der Regeln in concreto« (aus: »Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik die als Wissenschaft wird auftreten können« 1783 – in: Kant, Werke / Bd. V / S. 247f); daraus jedoch den Schluss zu ziehen, Kant würde dem gesunden Menschenverstand jegliche Bedeutung, jeglichen Nutzen absprechen, ist vorschnell und trifft nicht zu, vielmehr misst er ihm (abgesehen von der eher polemischen Kritik am Missbrauch des gesunden Menschenverstands durch einige Populärphilosophen seiner Zeit) eine große Wichtigkeit in der Praxis des Alltags bei und formuliert für dessen angemessenen Gebrauch in der Kritik der Urteilskraft folgende drei Maxime: »1. Selbstdenken; 2. An der Stelle jedes andern denken; 3. Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken. Die erste ist die Maxime der vorurteilsfreien, die zweite der erweiterten, die dritte der konsequenten Denkungsart.« (Kant, Werke / Bd. X / S. 390); vgl. ferner zu Kants Einschätzung des gesunden Menschenverstands im Zusammenhang mit seiner Moralphilosophie bzw. seinem Pflichtverständnis in: Kant, Werke / Bd. VII / S. 16 / S. 22 sowie S. 136
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[14] |
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eine »Antinomie« ist ein Widerspruch eines Satzes in sich oder zweier Sätze, von denen jeder als richtig, beweisbar zu sein scheint bzw. Gültigkeit beanspruchen kann (als philosophischer Terminus erstmals von Kant eingeführt);
»Die A.n der reinen Vernunft sind Widersprüche, in die sich die Vernunft selbst verwickelt, indem sie das Unbedingte (...) zu denken bestrebt ist. Diese A.n bestehen aber nur so lange, als man dogmatisch spekuliert. Die Kritik hingegen zeigt, daß das Unbedingte [...] innerhalb der Erscheinungswelt, des Erfahrbaren nicht gegeben und nicht erreichbar ist, daß aber die Möglichkeit und Notwendigkeit besteht, bei keiner letzten Grenze stehen zu bleiben, sondern zu immer weiteren Setzungen möglicher Erfahrungen fortzuschreiten. Die empirische Wirklichkeit ist hiernach weder endlich noch unendlich, sondern besteht aus Reihen von Erscheinungen, die sich immer weiter [...] als fortsetzbar denken lassen.« (aus: Rudolf Eisler, Kant-Lexikon / Hildesheim, New York / 1972 / S. 26) – so kann etwa die These, es gebe keine Freiheit, sondern alles geschehe aus Kausalitätsgründen, ebenso als richtig angesehen werden wie die Antithese, dass einige Begebenheiten durch Freiheit möglich sein müssen
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[15] |
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Kant, Werke / Bd. VII / S. 82f |
[erste Version: 03.12.2012]
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